Ihr Schifflein unterdessen war auf dem Meer,
Zur Burg herangeflossen:
da sah der König hehr,
Oben in den Fenstern,
manche schöne Maid.
Daß er sie nicht erkannte,
das war in Wahrheit ihm leid.
Er fragte Siegfrieden,
den Gesellen sein:
»Hättet ihr wohl Kunde,
um diese Mägdelein,
Die dort hernieder schauen,
nach uns auf die Flut?
Wie ihr Herr auch heiße,
so tragen sie hohen Mut.«
Da sprach der kühne Siegfried:
»Nun sollt ihr heimlich spähn,
Nach den Jungfrauen und sollt mir dann gestehn,
Welche ihr nehmen wolltet,
wär euch die Wahl verliehn.«
»Das will ich,« sprach Gunther,
dieser Ritter schnell und kühn.
»So schau ich ihrer eine,
in jenem Fenster an,
Im schneeweißen Kleide,
die ist so wohlgetan:
Die wählen meine Augen;
so schön ist sie von Leib.
Wenn ich gebieten dürfte,
sie müßte werden mein Weib.«
»Dir hat recht erkoren,
deiner Augen Schein:
Es ist die edle Brunhild,
das schöne Mägdelein,
Nach der das Herz dir ringet,
der Sinn und auch der Mut.«
All ihr Gebaren dauchte König Gunthern gut.
Da hieß die Königstochter,
von den Fenstern gehn,
Die minniglichen Maide:
sie sollten da nicht stehn,
Zum Anblick für die Fremden;
sie folgten unverwandt.
Was da die Frauen taten,
das ist uns auch wohl bekannt.
Sie zierten sich entgegen,
den unkunden Herrn,
Wie es immer taten schöne Frauen gern.
Dann an die engen Fenster,
traten sie heran,
Wo sie die Helden sahen:
das ward aus Neugier getan.
Nur ihrer viere waren,
die kamen in das Land:
Siegfried der kühne,
ein Roß zog auf den Strand.
Das sahen durch die Fenster,
die schönen Frauen an;
Große Ehre dauchte,
sich König Gunther getan.
Er hielt ihm bei dem Zaume,
das zierliche Roß,
Das war gut und stattlich,
stark dazu und groß,
Bis der König Gunther,
fest im Sattel saß.
Also dient' ihm Siegfried,
was er hernach doch ganz vergaß.
Dann zog er auch das seine,
aus dem Schiff heran;
Er hatte solche Dienste,
gar selten sonst getan,
Daß er am Steigreif,
Helden gestanden wär.
Das sahen durch die Fenster,
die schönen Frauen hehr.
Es war in gleicher Weise,
den Helden allbereit,
Von schneeblanker Farbe,
das Roß und auch das Kleid,
Dem einen wie dem andern,
und schön der Schilde Rand:
Die warfen hellen Schimmer,
an der edeln Recken Hand.
Ihre Sättel wohlgesteinet,
die Brustriemen schmal:
So ritten sie herrlich,
vor Brunhildens Saal;
Daran hingen Schellen von lichtem Golde rot.
Sie kamen zu dem Lande,
wie ihr Hochsinn gebot,
Mit Speeren neu geschliffen,
mit wohlgeschaffnem Schwert,
Das bis auf die Sporen,
ging den Helden wert;
Die Wohlgemuten führten,
es scharf genug und breit.
Das alles sah Brunhild,
diese herrliche Maid.
Mit ihnen kam auch Dankwart,
und sein Bruder Hagen:
Diese beiden trugen,
wie wir hören sagen,
Von rabenschwarzer Farbe,
reichgewirktes Kleid;
Neu waren ihre Schilde,
gut, dazu auch lang und breit.
Von India dem Lande,
trugen sie Gestein,
Das warf an ihrem Kleide,
auf und ab den Schein.
Sie ließen unbehütet,
das Schifflein bei der Flut;
So ritten nach der Feste,
die Helden kühn und gut.
Sechsundachtzig Türme,
sahn sie darin zumal,
Drei weite Pfalzen und einen schönen Saal,
Von edelm Marmelsteine,
so grün wie das Gras,
Darin die Königstochter,
mit ihrem Ingesinde saß.
Die Burg war erschlossen,
und weithin aufgetan.
Brunhildens Mannen,
liefen alsbald heran.
Und empfingen die Gäste,
in ihrer Herrin Land.
Die Rosse nahm man ihnen,
und die Schilde von der Hand.
Da sprach der Kämmrer einer:
»Gebt uns euer Schwert,
Und die lichten Panzer.«
»Das wird euch nicht gewährt,«
Sprach Hagen von Tronje;
»wir wollens selber tragen.«
Da begann ihm Siegfried,
von des Hofs Gebrauch zu sagen:
»In dieser Burg ist Sitte,
das will ich euch sagen,
Keine Waffen dürfen,
da die Gäste tragen:
Laßt sie von hinnen bringen,
das ist wohlgetan.«
Ihm folgte wider Willen,
Hagen, König Gunthers Mann.
Man ließ den Gästen schenken,
und schaffen gute Ruh.
Manchen schnellen Recken,
sah man dem Hofe zu,
Allenthalben eilen in fürstlichem Gewand;
Doch wurden nach den Kühnen,
ringsher die Blicke gesandt.
Nun wurden auch Brunhilden,
gesagt die Mären,
Daß unbekannte Recken,
gekommen wären,
In herrlichem Gewande,
geflossen auf der Flut.
Da begann zu fragen,
diese Jungfrau schön und gut:
»Ihr sollt mich hören lassen,«
sprach das Mägdelein,
»Wer die unbekannten,
Recken mögen sein,
Die ich dort stehen sehe,
in meiner Burg so hehr,
Und wem zulieb die Helden,
wohl gefahren sind hieher.«
Des Gesindes sprach da einer:
»Frau, ich muß gestehn,
Daß ich ihrer keinen,
je zuvor gesehn;
Doch einer steht darunter,
der Siegfrieds Weise hat:
Den sollt ihr wohl empfangen,
das ist in Treuen mein Rat.
Der andre der Gesellen,
gar löblich dünkt er mich;
Wenn er die Macht besäße,
zum König ziemt' er sich,
Ob weiten Fürstenlanden,
sollt er die versehn.
Man sieht ihn bei den andern,
so recht herrlich da stehn.
Der dritte der Gesellen,
der hat herben Sinn,
Doch schönen Wuchs nicht minder,
reiche Königin.
Die Blicke sind gewaltig,
deren so viel er tut:
Er trägt in seinem Sinne,
wähn ich, grimmigen Mut.
Der jüngste darunter,
gar löblich dünkt er mich:
Man sieht den reichen Degen,
so recht minniglich.
In jungfräulicher Sitte,
und edler Haltung stehn:
Wir müßtens alle fürchten,
wär ihm ein Leid hier geschehn.
So freundlich er gebare,
so wohlgetan sein Leib,
Er brächte doch zum Weinen,
manch weidliches Weib,
Wenn er zürnen sollte;
sein Wuchs ist wohl so gut,
Er ist an allen Tugenden,
ein Degen kühn und wohlgemut.«
Da sprach die Königstochter:
»Nun bringt mir mein Gewand:
Und ist der starke Siegfried,
gekommen in mein Land,
Um meiner Minne willen,
es geht ihm an den Leib:
Ich fürcht ihn nicht so heftig,
daß ich würde sein Weib.«
Brunhild die schöne,
trug bald erlesen Kleid.
Auch gab ihr Geleite,
manche schöne Maid,
Wohl hundert oder drüber,
sie all in reicher Zier.
Die Gäste kam zu schauen,
manches edle Weib mit ihr.
Bei ihnen gingen Degen aus Isenland,
Brunhildens Recken,
die Schwerter in der Hand,
Fünfhundert oder drüber;
das war den Gästen leid.
Sich hoben von den Sitzen,
die kühnen Helden allbereit.
Als die Königstochter,
Siegfrieden sah,
Wohlgezogen sprach sie zu dem Gaste da:
»Seid willkommen, Siegfried,
hier in diesem Land.
Was meint eure Reise?
das macht mir, bitt ich, bekannt.«
»Viel Dank laßt euch sagen,
Frau Brunhild,
Daß ihr mich geruht zu grüßen,
Fürstentochter mild,
Vor diesem edeln Recken,
der hier vor mir steht:
Denn der ist mein Lehnsherr;
der Ehre Siegfried wohl enträt.
Er ist am Rheine König;
was soll ich sagen mehr?
Dir nur zuliebe fuhren wir hieher.
Er will dich gerne minnen,
was ihm geschehen mag.
Nun bedenke dich beizeiten:
mein Herr läßt nimmermehr nach.
Er ist geheißen Gunther,
ein König reich und hehr.
Erwirbt er deine Minne,
nicht mehr ist sein Begehr.
Deinthalb mit ihm tat ich diese Fahrt;
Wenn er mein Herr nicht wäre,
ich hätt es sicher gespart.«
Sie sprach: »Wenn er dein Herr ist,
und du in seinem Lehn,
Will er, die ich erteile,
meine Spiele dann bestehn,
Und bleibt darin der Meister,
so werd ich sein Weib;
Doch ists, daß ich gewinne,
es geht euch allen an den Leib.«
Da sprach von Tronje Hagen:
»So zeig uns, Königin,
Was ihr für Spiel' erteilet.
Eh euch den Gewinn,
Mein Herr Gunther ließe,
so müßt es übel sein:
Er mag wohl noch erwerben,
ein so schönes Mägdelein.«
Den Stein soll er werfen,
und springen darnach,
Den Speer mit mir schießen:
drum sei euch nicht zu jach.
Ihr verliert hier mit der Ehre,
Leben leicht und Leib:
»Drum mögt ihr euch bedenken,«
sprach das minnigliche Weib.
Siegfried der schnelle,
ging zu dem König hin,
Und bat ihn frei zu reden mit der Königin,
Ganz nach seinem Willen;
angstlos soll er sein:
»Ich will dich wohl behüten,
vor ihr mit den Listen mein.«
Da sprach der König Gunther:
»Königstochter hehr,
Erteilt mir, was ihr wollet,
und wär es auch noch mehr:
Eurer Schönheit willen,
bestünd ich alles gern.
Mein Haupt will ich verlieren,
gewinnt ihr mich nicht zum Herrn.«
Als da seine Rede vernahm die Königin,
Bat sie, wie ihr ziemte,
das Spiel nicht zu verziehn.
Sie ließ sich zum Streite,
bringen ihr Gewand,
Einen goldnen Panzer,
und einen guten Schildesrand.
Ein seiden Waffenhemde,
zog sie an, die Maid,
Das ihr keine Waffe,
verletzen konnt im Streit,
Von Zeugen wohlgeschaffen,
aus Libya dem Land:
Lichtgewirkte Borten,
erglänzten rings an dem Rand.
Derweil hatt ihr Übermut,
den Gästen schwer gedräut.
Dankwart und Hagen,
die standen unerfreut.
Wie es dem Herrn erginge,
sorgte sehr ihr Mut.
Sie dachten: »Unsre Reise,
bekommt uns Recken nicht gut.«
Derweilen ging Siegfried,
der listige Mann,
Eh es wer bemerkte,
an das Schiff heran,
Wo er die Tarnkappe,
verborgen liegen fand,
In die er hurtig schlüpfte:
da war er niemand bekannt.
Er eilte bald zurücke,
und fand hier Recken viel:
Die Königin erteilte,
da ihr hohes Spiel.
Da ging er hin verstohlen,
und daß ihn niemand sah,
Von allen, die da waren,
was durch Zauber geschah.
Es war ein Kreis gezogen,
wo das Spiel geschehn,
Vor kühnen Recken sollte,
die es wollten sehn.
Wohl siebenhundert sah man Waffen tragen:
Wer das Spiel gewänne,
das sollten sie nach Wahrheit sagen.
Da war gekommen Brunhild,
die man gewaffnet fand,
Als ob sie streiten wolle,
um aller Könge Land.
Wohl trug sie auf der Seide,
viel Golddrähte fein;
Ihre minnigliche Farbe,
gab darunter holden Schein.
Nun kam ihr Gesinde,
das trug herbei zuhand,
Aus allrotem Golde einen Schildesrand,
Mit hartem Stahlbeschlage,
mächtig groß und breit,
Worunter spielen wollte,
diese minnigliche Maid.
An einer edeln Borte,
ward der Schild getragen,
Auf der Edelsteine,
grasgrüne, lagen;
Die tauschten mannigfaltig,
Gefunkel mit dem Gold.
Er bedurfte großer Kühnheit,
dem die Jungfrau wurde hold.
Der Schild war untern Buckeln,
so ward uns gesagt,
Von dreier Spannen Dicke;
den trug hernach die Magd.
An Stahl und auch an Golde,
war er reich genug,
Den ihrer Kämmrer einer,
mit Mühe selbvierter trug.
Als der starke Hagen,
den Schild hertragen sah,
In großem Unmute,
sprach der Tronjer da:
»Wie nun, König Gunther?
An Leben gehts und Leib:
Die ihr begehrt zu minnen,
die ist ein teuflisches Weib.«
Hört noch von ihren Kleidern:
deren hatte sie genug.
Von Azagauger Seide,
einen Wappenrock sie trug,
Der kostbar war und edel;
daran warf hellen Schein,
Von der Königstochter,
gar mancher herrliche Stein.
Da brachten sie der Frauen,
mächtig und breit,
Einen scharfen Wurfspieß;
den verschoß sie allezeit,
Stark und ungefüge,
groß dazu und schwer.
An seinen beiden Seiten,
schnitt gar grimmig der Speer.
Von des Spießes Schwere,
höret Wunder sagen:
Wohl hundert Pfund Eisen,
war dazu verschlagen.
Ihn trugen mühsam dreie,
von Brunhildens Heer:
Gunther der edle,
rang mit Sorgen da schwer.
Er dacht in seinem Sinne:
»Was soll das sein hier?
Der Teufel aus der Hölle,
wie schützt' er sich vor ihr?
Wär ich mit meinem Leben,
wieder an dem Rhein,
Sie dürfte hier wohl lange,
meiner Minne ledig sein.«
Er trug in seinen Sorgen,
das wisset, Leid genug.
All seine Rüstung,
man ihm zur Stelle trug.
Gewappnet stand der reiche König bald darin.
Vor Leid hätte Hagen,
schier gar verwandelt den Sinn.
Da sprach Hagens Bruder,
der kühne Dankwart:
»Mich reut in der Seele,
her zu Hof die Fahrt.
Nun hießen wir einst Recken!
wie verlieren wir den Leib!
Soll uns in diesem Lande,
nun verderben ein Weib?
Des muß mich sehr verdrießen,
daß ich kam in dieses Land.
Hätte mein Bruder Hagen,
sein Schwert an der Hand,
Und auch ich das meine,
sie sollten sachte gehn,
Mit ihrem Übermute,
die in Brunhildens Lehn.
Sie sollten sich bescheiden,
das glaubet mir nur.
Hätt ich den Frieden tausendmal,
bestärkt mit einem Schwur,
Bevor ich sterben sähe,
den lieben Herren mein,
Das Leben müßte lassen dieses schöne Mägdelein.«
»Wir möchten ungefangen,
wohl räumen dieses Land,«
Sprach sein Bruder Hagen,
»hätten wir das Gewand,
Des wir zum Streit bedürfen,
und die Schwerter gut,
So sollte sich wohl sänften,
der schönen Fraue Übermut.«
Wohl hörte, was er sagte,
die Fraue wohlgetan;
Über die Achsel sah sie ihn lächelnd an.
»Nun er so kühn sich dünket,
so bringt doch ihr Gewand,
Ihre scharfen Waffen,
gebt den Helden an die Hand.
Es kümmert mich so wenig,
ob sie gewaffnet sind,
Als ob sie bloß da stünden,«
so sprach das Königskind.
»Ich fürchte niemands Stärke,
den ich noch je gekannt:
Ich mag auch wohl genesen,
im Streit vor des Königs Hand.«
Als man die Waffen brachte,
wie die Maid gebot,
Dankwart der kühne,
ward vor Freuden rot.
»Nun spielt, was ihr wollet,«
sprach der Degen wert,
»Gunther ist unbezwungen:
wir haben wieder unser Schwert.«
Brunhildens Stärke,
zeigte sich nicht klein:
Man trug ihr zu dem Kreise,
einen schweren Stein,
Groß und ungefüge,
rund dabei und breit.
Ihn trugen kaum zwölfe,
dieser Degen kühn im Streit.
Den warf sie allerwegen,
wie sie den Speer verschoß.
Darüber war die Sorge,
der Burgunden groß.
»Wen will der König werben?«
sprach da Hagen laut:
»Wär sie in der Hölle,
doch des übeln Teufels Braut!«
An ihre weißen Arme,
sie die Ärmel wand,
Sie schickte sich und faßte,
den Schild an die Hand,
Sie schwang den Spieß zur Höhe:
das war des Kampfs Beginn.
Gunther und Siegfried bangten,
vor Brunhildens grimmem Sinn.
Und wär ihm da Siegfried,
zu Hilfe nicht gekommen,
So hätte sie dem König,
das Leben wohl benommen.
Er trat hinzu verstohlen,
und rührte seine Hand;
Gunther seine Künste,
mit großen Sorgen befand.
»Wer wars, der mich berührte?«
dachte der kühne Mann.
Und wie er um sich blickte,
da traf er niemand an.
Er sprach: »Ich bin es, Siegfried,
der Geselle dein:
Du sollst ganz ohne Sorge,
vor der Königin sein.
Gib aus den Händen,
den Schild,
laß mich ihn tragen,
Und behalt im Sinne,
was du mich hörest sagen:
Du habe die Gebärde,
ich will das Werk begehn.«
Als er ihn erkannte,
da war ihm Liebes geschehn.
»Verhehl auch meine Künste,
das ist uns beiden gut:
So mag die Königstochter,
den hohen Übermut,
Nicht an dir vollbringen,
wie sie gesonnen ist.
Nun sieh doch, welcher Kühnheit,
sie wider dich sich vermißt.«
Da schoß mit ganzen Kräften,
die herrliche Maid,
Den Speer nach einem neuen Schild,
mächtig und breit:
Den trug an der Linken,
Sieglindens Kind.
Das Feuer sprang vom Stahle,
als ob es wehte der Wind.
Des starken Spießes Schneide,
den Schild ganz durchdrang,
Daß das Feuer lohend,
aus den Ringen sprang.
Von dem Schusse fielen,
die kraftvollen Degen:
War nicht die Tarnkappe,
sie wären beide da erlegen.
Siegfried dem kühnen,
vom Munde brach das Blut.
Bald sprang er auf die Füße:
da nahm der Degen gut,
Den Speer, den sie geschossen,
ihm hatte durch den Rand:
Den warf ihr jetzt zurücke,
Siegfried mit kraftvoller Hand.
Er dacht: »Ich will nicht schießen,
das Mägdlein wonniglich.«
Des Spießes Schneide kehrt' er,
hinter den Rücken sich;
Mit der Speerstange,
schoß er auf ihr Gewand,
Daß es laut erhallte,
von seiner kraftreichen Hand.
Das Feuer stob vom Panzer,
als trieb' es der Wind.
Es hatte wohl geschossen,
der Sieglinde Kind:
Sie vermochte mit den Kräften,
dem Schusse nicht zu stehn;
Das wär von König Gunthern,
in Wahrheit nimmer geschehn.
Brunhild die schöne,
bald auf die Füße sprang:
»Gunther, edler Ritter,
des Schusses habe Dank!«
Sie wähnt', er hätt es selber,
mit seiner Kraft getan:
Nein, zu Boden warf sie,
ein viel stärkerer Mann.
Da ging sie hin geschwinde,
zornig war ihr Mut,
Den Stein hoch erhub sie,
die edle Jungfrau gut;
Sie schwang ihn mit Kräften,
weithin von der Hand,
Dann sprang sie nach dem Wurfe,
daß laut erklang ihr Gewand.
Der Stein fiel zu Boden,
von ihr zwölf Klafter weit:
Den Wurf überholte,
im Sprung die edle Maid.
Hin ging der schnelle Siegfried,
wo der Stein nun lag;
Gunther mußt ihn wägen,
des Wurfs der Verhohlne pflag.
Siegfried war kräftig,
kühn und auch lang:
Den Stein warf er ferner,
dazu er weiter sprang.
Ein großes Wunder war es,
und künstlich genug,
Daß er in dem Sprunge,
den König Gunther noch trug.
Der Sprung war ergangen,
am Boden lag der Stein;
Gunther wars, der Degen,
den man sah allein.
Brunhild die schöne,
ward vor Zorne rot;
Gewendet hatte Siegfried,
dem König Gunther den Tod.
Zu ihrem Ingesinde,
sprach die Königin da,
Als sie gesund den Helden,
an des Kreises Ende sah:
»Ihr, meine Freund und Mannen,
tretet gleich heran:
Ihr sollt dem König Gunther,
alle werden untertan.«
Da legten die Kühnen,
die Waffen von der Hand,
Und boten sich zu Füßen von Burgundenland,
Gunther dem reichen,
so mancher kühne Mann:
Sie wähnten, die Spiele,
hätt er mit eigner Kraft getan.
Er grüßte sie gar minniglich:
wohl trug er höfschen Sinn.
Da nahm ihn bei der Rechten,
die schöne Königin:
Sie erlaubt' ihm zu gebieten,
in ihrem ganzen Land.
Des freute sich da Hagen,
der Degen kühn und gewandt.
Sie bat den edlen Ritter,
mit ihr zurück zu gehn,
Zu dem weiten Saale,
wo mancher Mann zu sehn,
Und mans aus Furcht den Degen,
nun desto besser bot.
Siegfrieds Kräfte hatten,
sie erledigt aller Not.
Siegfried der schnelle,
war wohl schlau genug,
Daß er die Tarnkappe,
aufzubewahren trug.
Dann ging er zu dem Saale,
wo manche Fraue saß:
Er sprach zu dem König,
gar listiglich tat er das:
»Was säumt ihr, Herr König,
und beginnt die Spiele nicht,
Die euch aufzugeben,
die Königin verspricht?
Laßt uns doch bald erschauen,
wie es damit bestellt.«
Als wüßt er nichts von allem,
so tat der listige Held.
Da sprach die Königstochter:
»Wie konnte das geschehn,
Daß ihr nicht die Spiele,
Herr Siegfried, habt gesehn,
Worin hier Sieg errungen hat,
König Gunthers Hand?«
Zur Antwort gab ihr Hagen,
aus der Burgunden Land:
Er sprach: »Da habt ihr, Königin,
uns betrübt den Mut;
Da war bei dem Schiffe,
Siegfried der Degen gut,
Als der Vogt vom Rheine,
das Spiel euch abgewann;
Drum ist es ihm unkundig,«
sprach da Gunthers Untertan.
»Nun wohl mir dieser Märe,«
sprach Siegfried der Held,
»Daß hier eure Hochfahrt,
also ward gefällt,
Und jemand lebt, der euer,
Meister möge sein.
Nun sollt ihr, edle Jungfrau,
uns hinnen folgen an den Rhein.«
Da sprach die Wohlgetane:
»Das mag noch nicht geschehn.
Erst frag ich meine Vettern,
und die in meinem Lehn.
Ich darf ja nicht so leichthin,
räumen dies mein Land:
Meine höchsten Freunde,
die werden erst noch besandt.«
Da ließ sie ihre Boten,
nach allen Seiten gehn:
Sie besandte ihre Freunde und die in ihrem Lehn,
Daß sie zum Isensteine,
kämen unverwandt;
Einem jeden ließ sie geben,
reiches, herrliches Gewand.
Da ritten alle Tage,
beides, spat und fruh,
Der Feste Brunhildens,
die Recken scharweis zu.
»Nun ja doch,« sprach da Hagen,
»was haben wir getan!
Wir erwarten uns zum Schaden,
hier die Brunhild untertan.
Wenn sie mit ihren Kräften,
kommen in dies Land,
Der Königin Gedanken,
die sind uns unbekannt:
Wie, wenn sie uns zürnte?
so wären wir verloren,
Und wär das edle Mägdlein uns,
zu großen Sorgen geboren!«
Da sprach der starke Siegfried:
»Dem will ich widerstehn.
Was euch da Sorge schaffet,
das laß ich nicht geschehn.
Ich will euch Hilfe bringen,
her in dieses Land,
Durch auserwählte Degen:
die sind euch noch unbekannt.
Ihr sollt nach mir nicht fragen,
ich will von hinnen fahren;
Gott mög eure Ehre,
derweil wohl bewahren.
Ich komme bald zurücke,
und bring euch tausend Mann,
Der allerbesten Degen,
deren jemand Kunde gewann.«
»So bleibt nur nicht zu lange,«
der König sprach da so,
»Wir sind eurer Hilfe,
nicht unbillig froh.«
Er sprach: »Ich komme wieder,
gewiß in wenig Tagen.
Ihr hättet mich versendet,
sollt ihr der Königin sagen.
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