All ihr Bemühen / lassen wir nun sein
Und sagen, wie Frau Kriemhild / und ihre Mägdelein
Hin zum Rheine fuhren / von Nibelungenland.
Niemals trugen Rosse / so viel herrlich Gewand.
Viel Saumschreine wurden / versendet auf den Wegen.
Da ritt mit seinen Freunden / Siegfried der Degen
Und die Königstochter / in hoher Freuden Wahn;
Da ward es ihnen allen / zu großem Leide getan.
Sie ließen in der Heimat / Siegfrieds Kindelein
Und Kriemhildens bleiben; / das mußte wohl so sein.
Aus ihrer Hofreise / erwuchs ihm viel Beschwer:
Seinen Vater, seine Mutter / ersah das Kindlein nimmermehr.
Mit ihnen ritt von dannen / Siegmund der König hehr.
Hätt er ahnen können, / wie es ihm nachher
Beim Hofgelag erginge, / er hätt es nicht gesehn:
Ihm konnt an lieben Freunden / größer Leid nicht geschehn.
Vorausgesandte Boten / verhießen sie bei Zeit.
Entgegen ritten ihnen / in herrlichem Geleit
Von Utens Freunden viele / und König Gunthers Lehn.
Der Wirt ließ großen Eifer / für die lieben Gäste sehn.
Er ging zu Brunhilden, / wo er sie sitzen fand:
»Wie empfing euch meine Schwester, / da ihr kamet in dies Land?
So will ich, daß ihr Siegfrieds / Gemahl empfangen sollt.«
»Das tu ich,« sprach sie, / gerne: »ich bin ihr billiglich hold.«
Da sprach der mächtige König: / »Sie kommen morgen fruh;
Wollt ihr sie empfangen, / so greift nur bald dazu,
Daß sie uns in der Feste / nicht überraschen hie:
Mir sind so liebe Gäste / nicht oft gekommen wie sie.«
Ihre Mägdelein und Frauen / ließ sie da zur Hand
Gute Kleider suchen, / die besten, die man fand,
Die ihr Ingesinde / vor Gästen mochte tragen.
Das taten sie doch gerne: / das mag man für Wahrheit sagen.
Sie zu empfangen eilten / auch die in Gunthers Lehn:
All seine Recken / hieß er mit sich gehn.
Da ritt die Königstochter / hinweg in stolzem Zug.
Die lieben Gäste grüßte / sie alle freudig genug.
Mit wie hohen Ehren / da empfing man sie!
Sie dauchte, daß Frau Kriemhild / Brunhilden nie
So wohl empfangen habe / in Burgundenland.
Allen, die es sahen, / ward hohe Wonne bekannt.
Nun war auch Siegfried kommen / mit seiner Leute Heer.
Da sah man die Helden / sich wenden hin und her
Im Feld allenthalben / mit ungezählten Scharen.
Vor Staub und Drängen konnte / sich da niemand bewahren.
Als der Wirt des Landes / Siegfrieden sah
Und Siegmund den König, / wie gütlich sprach er da:
»Nun seid mir hoch willkommen / und all den Freunden mein;
Wir wollen hohen Mutes / ob eurer Hofreise sein.«
»Nun lohn euch Gott,« sprach Siegmund, / der ehrbegierge Mann.
»Seit mein Sohn Siegfried / euch zum Freund gewann,
Riet mir all mein Sinnen, / wie ich euch möchte sehn.«
Da sprach König Gunther: / »Nun freut mich, daß es geschehn.«
Siegfried ward empfangen, / wie man das wohl gesollt,
Mit viel großen Ehren; / ein jeder ward ihm hold.
Des half mit Rittersitten / Gernot und Geiselher;
Man bot es lieben Gästen / so gütlich wohl nimmermehr.
Nun konnten sich einander / die Königinnen schaun.
Da sah man Sättel leeren / und viel der schönen Fraun
Von der Helden Händen / gehoben auf das Gras:
Wer gerne Frauen diente, / wie selten der da müßig saß!
Da gingen zueinander / die Frauen minniglich.
Darüber höchlich freuten / viel der Ritter sich,
Daß der beiden Grüßen / so minniglich erging.
Man sah da manchen Recken, / der Frauendienste beging.
Das herrliche Gesinde / nahm sich bei der Hand;
Züchtiglich sich neigen / man allerorten fand
Und minniglich sich küssen / viel Frauen wohlgetan.
Das sahen gerne Gunthers / und Siegfrieds Mannen mit an.
Sie säumten da nicht länger / und ritten nach der Stadt.
Der Wirt seinen Gästen / zu erweisen bat,
Daß man sie gerne sähe / in der Burgunden Land.
Manches schöne Kampfspiel / man vor den Jungfrauen fand.
Da ließ von Tronje Hagen / und auch Ortewein,
Wie sie gewaltig waren, / wohl offenkundig sein.
Was sie gebieten mochten, / das ward alsbald getan:
Man sah die lieben Gäste / viel Dienst von ihnen empfahn.
Man hörte Schilde hallen / vor der Feste Tor
Von Stichen und von Stößen. / Lange hielt davor
Der Wirt mit seinen Gästen, / bis alle waren drin.
In mancher Kurzweil gingen / ihnen schnell die Stunden hin.
Vor den weiten Gästesaal / sie nun in Freuden ritten.
Viel kunstvolle Decken, / reich und wohlgeschnitten,
Sah man von den Sätteln / den Frauen wohlgetan
Allenthalben hangen; / da kamen Diener heran:
Zu Gemache wiesen / sie die Gäste da.
Hin und wieder blicken / man Brunhilden sah
Nach Kriemhild der Frauen: / schön war sie genug:
Den Glanz noch vor dem Golde / ihre hehre Farbe trug.
Da vernahm man allenthalben / zu Worms in der Stadt
Den Jubel des Gesindes. / König Gunther bat
Dankwart seinen Marschall, / es wohl zu verpflegen:
Da ließ er die Gäste / in gute Herbergen legen.
Draußen und darinnen / beköstigte man sie:
So wohl gewartet wurde / fremder Gäste nie:
Was einer wünschen mochte, / das war ihm gern gewährt:
So reich war der König, / es blieb keinem was verwehrt.
Man dient' ihnen freundlich / und ohn allen Haß.
Der König zu Tische / mit seinen Gästen saß;
Siegfrieden ließ man sitzen, / wie er sonst getan.
Mit ihm ging zu Tische / gar mancher weidliche Mann.
Zwölfhundert Recken / setzten sich dahin
Mit ihm an der Tafel. / Brunhild die Königin
Gedachte, wie ein Dienstmann / nicht reicher möge sein.
Noch war sie ihm so günstig, / sie ließ ihn gerne gedeihn.
Es war an einem Abend, / da so der König saß,
Viel reiche Kleider wurden / da vom Weine naß.
Als die Schenken sollten / zu den Tischen gehn,
Da sah man volle Dienste / mit großem Fleiße geschehn.
Wie bei Hofgelagen / Sitte mochte sein,
Ließ man zur Ruh geleiten / Fraun und Mägdelein.
Von wannen wer gekommen, / der Wirt ihm Sorge trug;
In gütlichen Ehren / gab man allen genug.
Die Nacht war zu Ende, / sich hob des Tages Schein,
Aus den Saumschreinen / mancher Edelstein
Erglänzt' auf gutem Kleide; / das schuf der Frauen Hand.
Aus der Lade suchten sie / manches herrliche Gewand.
Eh es noch völlig tagte, / kamen vor den Saal
Ritter viel und Knechte: / da hob sich wieder Schall
Vor einer Frühmesse, / die man dem König sang.
So ritten junge Helden, / der König sagt' ihnen Dank.
Da klangen die Posaunen / von manchem kräftgen Stoß;
Von Flöten und Drommeten / ward der Schall so groß,
Worms die weite Feste / gab lauten Widerhall.
Auf die Rosse sprangen / die kühnen Helden überall.
Da hob sich in dem Lande / ein hohes Ritterspiel
Von manchem guten Recken: / man fand ihrer viel,
Deren junge Herzen / füllte froher Mut.
Unter Schilden sah man / manchen zieren Ritter gut.
Da ließen in den Fenstern / die herrlichen Fraun
Und viel der schönen Maide / sich im Schmucke schaun.
Sie sahen kurzweilen / manchen kühnen Mann:
Der Wirt mit seinen Freunden / zu reiten selber begann.
So vertrieben sie die Weile, / die dauchte sie nicht lang.
Da lud zu dem Dome / mancher Glocke Klang.
Den Frauen kamen Rosse, / da ritten sie hindann;
Den edeln Königinnen / folgte mancher kühne Mann.
Sie stiegen vor dem Münster / nieder auf das Gras.
Noch hegte zu den Gästen / Brunhild keinen Haß.
Sie gingen unter Krone / in das Münster weit;
Bald schied sich diese Liebe: / das wirkte grimmiger Neid.
Als die Messe war gesungen, / sah man sie weiter ziehn
Unter hohen Ehren. / Sie gingen heiter hin
Zu des Königs Tischen. / Ihre Freude nicht erlag
Bei diesen Lustbarkeiten / bis gegen den elften Tag.
Die Königin gedachte: / »Ich wills nicht länger tragen.
Wie ich es fügen möge, / Kriemhild muß mir sagen,
Warum uns so lange / den Zins versaß ihr Mann:
Der ist doch unser Eigen: / der Frag ich nicht entraten kann.«
So harrte sie der Stunde, / bis es der Teufel riet,
Daß sie das Hofgelage / und die Lust mit Leide schied.
Was ihr lag am Herzen, / zu Lichte mußt es kommen:
Drum ward in manchen Landen / durch sie viel Jammer vernommen.
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